Was ist das Schengener Abkommen?

I. Definition

Das Schengener Abkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der ursprünglich 1985 zwischen fünf EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde: Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg und die Niederlande. Ziel war es, den Abbau der stationären Grenzkontrollen, die Binnengrenzen dieser Staaten abzuschmelzen und gleichzeitig gemeinsame Regelungen für den Schutz der Außengrenzen sowie die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen zu schaffen.

Heute ist das Schengener Abkommen in das EU-Recht überführt und bildet den rechtlichen Rahmen für den sogenannten Schengen-Raum, in dem sich Personen frei bewegen können, ohne Grenzkontrollen zwischen den teilnehmenden Ländern.

Der Begriff „Schengen“ leitet sich vom gleichnamigen Ort in Luxemburg ab, in dem das Abkommen unterzeichnet wurde.

II. Rechtliche Grundlagen

Ursprüngliche Verträge

  • 14.06.1985: Schengener Übereinkommen (Schengen I) – politischer Rahmen zur Abschaffung der Binnengrenzkontrollen.
  • 19.06.1990: Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) – konkrete Regelungen zur Umsetzung eines einheitlichen Raums für Sicherheit und Recht.

Diese Abkommen wurden zunächst außerhalb des EU-Rechtsrahmens von einzelnen Mitgliedstaaten geschlossen.

Integration in das EU-Recht

Mit dem Amsterdamer Vertrag (1997, in Kraft seit 1999) wurde das Schengen-Regelwerk in den Rechtsrahmen der Europäischen Union überführt und ist seitdem Bestandteil des EU-Acquis.

Heute basiert die Schengen-Zusammenarbeit auf folgenden Rechtsquellen:

  • AEUV, insbesondere Art. 67 ff. (Freiheit, Sicherheit, Recht)
  • Schengener Grenzkodex (Verordnung (EU) 2016/399) – zentrale Verordnung für Grenzkontrollen
  • Dublin-Verordnung, VIS- und SIS-Verordnungen – Regeln zur Einreise, Rückführung, Visaabfrage, Sicherheitsdaten

III. Relevanz in der Praxis

Für Privatpersonen:

  • Freizügigkeit: Reisende können sich innerhalb des Schengen-Raums ohne Passkontrolle bewegen (schengener Visum).
  • Reisefreiheit: Tourismus, Geschäftsreisen und grenzüberschreitende Mobilität werden erleichtert.

Für Unternehmen:

  • Logistikvorteile: Besonders wichtig für Just-in-Time-Lieferketten, die auf freie Bewegung über Landesgrenzen angewiesen sind.

Für Behörden:

  • Polizeiliche Zusammenarbeit: Gemeinsame Fahndungsdatenbanken (z. B. SIS II) erlauben grenzüberschreitende Strafverfolgung.
  • Visa-Politik: Einheitliche Schengen-Visa gelten für den gesamten Raum.

Mitgliedstaaten

Der Schengen-Raum umfasst aktuell (Stand: 2025) 27 europäische Länder, darunter:

  • Alle EU-Staaten mit Ausnahme von Irland, Bulgarien, Rumänien und Zypern (teilweise im Übergang)
  • Schengen-assoziierte Staaten: Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein

Ausnahmen und Herausforderungen

  • Temporäre Grenzkontrollen: In Ausnahmesituationen (z. B. Pandemie, Terrorgefahr, Migration) dürfen Schengen-Staaten temporäre Kontrollen wieder einführen.
  • Irland & UK: Irland beteiligt sich nicht am Schengen-System; das Vereinigte Königreich war nie Teil davon.

IV. Sonstige Fragen

Besteht im Schengener Hoheitsgebiet eine Ausweispflicht?

Bürger der Schengen-Staaten können die Binnengrenzen innerhalb des Schengener Raums ohne Personenkontrollen überqueren. Bei Aus- und Einreise besteht weiterhin die Pflicht, Personalausweis oder Reisepass mitzunehmen.

Darf ich mich im Schengener Raum mit einem Visum oder Aufenthaltstitel frei bewegen?

Wird ein Visum für den kurzfristigen Aufenthalt von einem Schengen-Staat ausgestellt und gilt für dieses Visum keine räumliche Beschränkung (Schengen-Visum Kategorie C), darf sich der Inhaber des Visums innerhalb des Schengener Hoheitsgebiets frei bewegen.
Besitzt ein Ansässiger eines Drittstaats einen nationalen Aufenthaltstitel von einem Schengen-Staat, darf er sich bis zu 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen im Schengen-Raum aufhalten, gleiches gilt für Inhaber eines nationalen Visums (Kategorie D).

Was ist das Schengener Informationssystem (SIS)?

Das Schengener Informationssystem (SIS) speichert zentral sicherheitsrelevante Personen- und Sachdaten. Jede natürliche Person hat das Recht, sich gemäß Artikel 58 SIS II Ratsbeschluss und Artikel 41 SIS II Rats-Verordnung, jeweils i. V. m. §§ 57, 58 Bundesdatenschutzgesetz beim BKA zu erkundigen, ob und wenn ja, welche Daten über sie/ihn im Schengener Informationssystem gespeichert sind.
Das Auskunftsersuchen kann formlos erfolgen. Antragstellende müssen eine Kopie eines gültigen Ausweisdokuments sowie die aktuell gültige Wohnanschrift vorzeigen. Der Auskunftsanspruch kann ebenfalls bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt erfolgen.
Details hierzu können Sie auf der offiziellen Webseite des BKA erfahren. Juristischen Personen steht kein Auskunftsrecht zu. Die E-Mail des BKA lautet: mail@bka.bund.de

Inzwischen existiert das SIS II und führt zum einen die Einreise- und Aufenthaltsverweigerung gem. Verordnung (EG) 1987/2006 vom 20.12.2006, zum anderen Personen- und Sachfahndungsausschreibungen zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen nach Ratsbeschluss 2007/533/JI vom 12.06.2007.

Welche Länder gehören zum Schengen-Raum?

Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, Italien, Österreich, Griechenland, Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Schweiz, Liechtenstein, Kroatien, Bulgarien, Rumänien wenden die Regularien des Schengener Abkommens voll an und unterzeichneten das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ).

Für Dänemark und Irland gelten Sonderregelungen. Island und Norwegen (keine EU-Mitgliedstaaten) wenden auf Basis des Assoziierungsabkommens mit der EU vom 18.05.1999 den Schengener Besitzstand voll an.
Andorra und San Marino haben das SDÜ nicht unterzeichnet, führen aber keine Grenzkontrollen zu Frankreich und Spanien durch.
Zwar ist Zypern EU-Mitglied, wendet den Schengener Besitzstand nur teilweise an, z. B. abweichendes VISA-Verfahren.

Was ist der Schengener Besitzstand?

Um den Schengener Besitzstand zu übernehmen, wird die Inbetriebnahme von SIS II (Schengener Informationssystem 2. Generation) sowie der erfolgreiche Abschluss eines Prüfverfahrens vorausgesetzt.
Sind beide Voraussetzungen erfüllt, wird die Schengen-Vollanwendung wirksam und der Staat erlangt den Besitzstand, d. h. man wird Vollanwender.